Neuropathien sind neurologische Erkrankungen, die eine Vielzahl von Symptomen mit sich bringen können. Doch was genau versteht man unter dem Begriff “Neuropathie”? Welche diagnostischen Methoden stehen zur Verfügung und welche therapeutischen Ansätze werden verfolgt? Lesen Sie weiter, wenn Sie ein besseres Verständnis für diese weit verbreitete Erkrankung entwickeln möchten.
Was ist eine Neuropathie?
Eine Neuropathie bezeichnet jede Erkrankung, bei der die Nerven in unserem Körper betroffen sind. Unser Nervensystem besteht aus zwei Hauptteilen: dem zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und dem peripheren Nervensystem, das die Signale von unserem zentralen Nervensystem an den Rest unseres Körpers sendet. Wenn diese Nerven beschädigt sind oder nicht richtig funktionieren, spricht man von Neuropathie. Es können unterschiedliche Symptome auftreten, wie Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühle in verschiedenen Körperregionen. Die Symptome sind abhängig davon, welche Nerven betroffen sind (NCI, 2023).
Welche Formen von Neuropathie gibt es?
Es gibt über 100 verschiedene Arten von Neuropathien, die alle ihre eigenen Symptome und Behandlungen haben. Jede Neuropathie betrifft unterschiedliche Teile des Nervensystems und kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden.
Die einfachste Klassifizierung von Neuropathie erfolgt anhand der Anzahl der betroffenen Nerven und der Art der betroffenen Nerven. Die Unterscheidung nach der Anzahl der betroffenen Nerven umfasst:
- Mononeuropathie: Hierbei ist ein einzelner Nerv betroffen. Die Mononeuropathie kann durch eine Verletzung,langfristige Nervenkompression oder medizinische Zustände wie einen Schlaganfall oder Multiple Sklerose verursacht werden.
- Polyneuropathie: Polyneuropathie bezieht sich auf eine Erkrankung, bei der mehrere periphere Nerven im Körper gleichzeitig betroffen sind. Sie kann durch eine Vielzahl von Ursachen, einschließlich bestimmter Infektionen, Stoffwechselerkrankungen (wie zum Beispiel Diabetes) und toxischer Exposition, verursacht werden. Dies ist die häufigste Form der Neuropathie.
Darüber hinaus kann die Neuropathie basierend auf der Art des betroffenen Nerves klassifiziert werden. Hierbei unterscheidet man zwischen:
- Sensible Neuropathie: Bei sensorischen Neuropathien sind die sensorischen Nerven betroffen, die Informationen von den Sinnesorganen an das Gehirn weiterleiten. Typische Symptome können Schmerzen, Taubheitsgefühl, Kribbeln oder ein verändertes Schmerz- oder Temperaturempfinden sein.
- Motorische Neuropathie: Motorische Neuropathien betreffen die motorischen Nerven, die die Muskeln steuern, sodass Betroffene Schwierigkeiten haben, sich zu bewegen oder bestimmte Körperbewegungen zu kontrollieren. Auch können Sie Muskelschwäche oder -schwund erleben, wie zum Beispiel bei der amyotrophe Lateralsklerose (ALS), bei der die motorischen Nerven im Gehirn und im Rückenmark allmählich absterben.
- Autonome Neuropathie: Diese Form der Neuropathie betrifft das autonome Nervensystem, das die automatischen Funktionen des Körpers, wie Herzschlag, Atmung, Verdauung und Blutdruck, steuert. Sie kann durch eine Vielzahl von Zuständen verursacht werden, einschließlich Diabetes und Parkinson-Krankheit.
- Mischtypen: In vielen Fällen können mehrere Nerventypen gleichzeitig betroffen sein, was zu einer Kombination von sensorischen, motorischen und autonomen Symptomen führt.
Zu den am häufigsten vorkommenden Neuropathien, die zu den Mischtypen gezählt werden gehören:
- Periphere Neuropathie: Diese Form der Neuropathie ist ein typisches Beispiel für eine Mischform. Sie kann mehrere Nerven betreffen, in erster Linie in den Extremitäten (Händen und Füßen) und sensibel, motorisch oder autonom sein, je nachdem, welche Arten von Nerven betroffen sind. Sie kann durch eine Vielzahl von Ursachen hervorgerufen werden, darunter Diabetes, bestimmte Medikamente und Infektionen.
- Diabetische Neuropathie: Die diabetische Neuropathie ist eine neurologische Erkrankung, die als Komplikation aufgrund von Diabetes mellitus auftreten kann. Hohe Blutzuckerspiegel über einen längeren Zeitraum können die Nerven im Körper schädigen, was zu den vielfältigen Symptomen der diabetischen Neuropathie führt. Die diabetische Neuropathie betrifft am häufigsten die Beine und Füße, also die Peripherie, kann aber auch andere Körperteile betreffen.
- Idiopathische Neuropathie: Bei etwa einem Drittel der Neuropathien ist die Ursache unbekannt, diese werden als idiopathisch bezeichnet. Während sie jede Altersgruppe betreffen kann, tritt sie häufiger bei Personen über 60 Jahren auf. Sie können entweder Mono- oder Polyneuropathien sein und können sensibel, motorisch oder autonome Nerven betreffen.
Quelle: NIDDK, 2023
Welche Ursachen gibt es für Neuropathien?
Die Ursachen einer Neuropathie sind vielfältig und können genetisch bedingt oder durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, einschließlich:
- Diabetes: Diabetes zählt zu der häufigsten Ursachen für Neuropathien. Hohe Blutzuckerspiegel können Nervenschäden verursachen, die zu diabetischer Neuropathie führen.
- Infektionen oder Viren: Infektionen wie beispielsweise Borreliose, Hepatitis C und HIV können ebenfalls Neuropathien verursachen.
- Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen handelt es sich um Erkrankungen, bei denen das Immunsystem die eigenen Zellen angreift. So können auch bei Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Lupus oder Zöliakie Neuropathien verursacht werden.
- Nervenverletzungen: Neuropathien können auch im Rahmen von Verletzungen der Nerven durch Traumata oder medizinische Eingriffe entstehen. Auch Schwellungen oder Dehnungen können Nerven schädigen. Diese Art der Schädigung tritt in der Regel nur an einer Stelle auf.
- Alkoholmissbrauch: Wenn man in hohem Maße und über längere Zeiträume Alkohol konsumiert, kann dies die Nerven stark beeinträchtigen. Periphere Neuropathie kann oft auf Alkoholmissbrauch zurückgeführt werden, der darüber hinaus auch zu einem Defizit an Vitaminen führen kann, was diese Form der Neuropathie begünstigt.
- Vitaminmangel: Manchmal kann ein Mangel an spezifischen Vitaminen zu Nervenschäden führen. Insbesondere ein Defizit an Kupfer und den Vitaminen B1, B6, B12, Folsäure (B9) und E kann für diese Schäden verantwortlich sein.
Quelle: Cleveland Clinic, 2022
Welche Risikofaktoren begünstigen eine Neuropathie?
- Eine Vorgeschichte von Diabetes, insbesondere wenn der Blutzucker nicht gut kontrolliert ist
- Genetische Faktoren, da einige Arten von Neuropathien vererbt werden können
- Alter über 40, da das Risiko für Neuropathien mit zunehmendem Alter steigt
- Bestimmte Lebensstilfaktoren wie Alkoholkonsum und Rauchen, die das Nervensystem schädigen können
Quelle: Mayo Clinic, 2022
Welche Symptome sind typisch für eine Neuropathie?
Die Symptome einer Neuropathie können vielfältig sein und hängen stark von der Art der betroffenen Nerven und der spezifischen Art der Neuropathie ab.
Symptome der peripheren Neuropathie:
Die periphere Neuropathie, die am häufigsten durch Diabetes verursacht wird, betrifft in erster Linie die Extremitäten, insbesondere die Füße und Hände. Die Symptome können von Person zu Person variieren, können aber folgendes beinhalten:
- Schmerzen und Unwohlsein: Viele Menschen mit peripherer Neuropathie erleben brennende, stechende oder schießende Schmerzen. Manchmal kann der Schmerz chronisch sein und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
- Taubheitsgefühl und Kribbeln: Es kann zu einem Gefühl von “Einschlafen” oder “Kribbeln” in den betroffenen Bereichen kommen. Dieses Gefühl kann gelegentlich oder dauerhaft sein.
- Muskelschwäche: Einige Menschen können Schwierigkeiten haben, bestimmte Bewegungen auszuführen oder Gegenstände zu greifen. Dies ist auf die Beeinträchtigung der motorischen Nerven zurückzuführen.
- Gleichgewichtsprobleme: Die periphere Neuropathie kann die Nerven beeinträchtigen, die für das Gleichgewicht verantwortlich sind, was zu Unsicherheit beim Gehen oder Stehen führen kann.
Symptome der autonomen Neuropathie:
Die autonome Neuropathie beeinflusst die Nerven, die für die Kontrolle der Körperfunktionen verantwortlich sind, die wir nicht bewusst steuern, wie Herzschlag, Verdauung und Blasenfunktion. Die Symptome können folgendes beinhalten:
- Herz-Kreislauf-Probleme: Dies kann eine unregelmäßige Herzfrequenz, niedriger Blutdruck und Ohnmacht umfassen.
- Verdauungsprobleme: Symptome können Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Durchfall und Schwierigkeiten beim Schlucken sein.
- Blasen- und sexuelle Funktion: Dies kann Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Harninkontinenz und bei Männern erektile Dysfunktion umfassen.
- Temperaturregelung: Menschen mit autonomer Neuropathie können Schwierigkeiten haben, ihre Körpertemperatur zu regulieren, was zu übermäßigem Schwitzen oder Hitzeintoleranz führen kann.
Symptome der diabetischen Neuropathie:
Da die diabetische Neuropathie eine Form der peripheren Neuropathie ist, können viele der Symptome ähnlich sein. Sie kann jedoch auch Symptome der autonomen Neuropathie aufweisen.
Die Anzeichen für eine Nervenschädigung entwickeln sich in der Regel langsam. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie Ihre Symptome frühzeitig bemerken, um eine Verschlimmerung der Krankheit zu verhindern. Auch hat jede Form unterschiedliche Symptome und Behandlungsansätze, daher ist es wichtig, bei Symptomen medizinischen Rat einzuholen. Die Dauer einer Neuropathie kann sehr unterschiedlich sein und hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Bei einigen Menschen können die Symptome innerhalb weniger Wochen oder Monate nach Behandlung der zugrunde liegenden Ursache abklingen. Bei anderen Menschen kann die Neuropathie jedoch chronisch werden und über Jahre oder sogar ein Leben lang anhalten.
Quelle: CDC,2022; Cleveland Clinic, 2020; Cleveland Clinic, 2022
Wie wird eine Neuropathie diagnostiziert?
Eine Diagnose der Neuropathie beginnt normalerweise mit einer gründlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung durch einen Arzt oder eine Ärztin. Zusätzliche Tests können sein:
- Neurologische Untersuchung: Hierbei überprüft der Arzt die Reflexe, die Muskelstärke und -tonus, die Fähigkeit zu fühlen und die Koordination. Diese Untersuchung kann Hinweise auf das Ausmaß und den Ort der Nervenschädigung liefern.
- Bluttests: Diese können verwendet werden, um Vitaminmangel, Diabetes, Infektionen und andere zugrunde liegende Bedingungen zu identifizieren, die Neuropathien verursachen können. Homed-IQ kann in diesem Kontext zur Gesundheitsförderung beitragen, da Sie mit dem Vitaminmangeltest und dem Blutzuckertest eine regelmäßige Kontrolle Ihres Vitaminstatus oder Ihres Blutzuckers von zuhause durchführen können.
- Nervenleitgeschwindigkeitstests (NLG): Bei diesen Tests werden Elektroden auf der Haut platziert und kleine elektrische Impulse abgegeben, um zu sehen, wie schnell die Nerven Signale weiterleiten können. Eine verlangsamte Leitungsgeschwindigkeit kann auf eine Neuropathie hindeuten.
- Elektromyographie (EMG): Dieser Test misst die elektrische Aktivität in den Muskeln während der Kontraktion und Ruhe. Anormale Ergebnisse können auf eine Schädigung des Nervs oder des Muskels selbst hinweisen.
- Bildgebung: Dazu können Röntgenaufnahmen, CT-Scans oder MRTs gehören, um andere mögliche Ursachen für die Symptome zu identifizieren.
Quelle: NHS, 2022
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für Neuropathien?
Die Behandlung einer Neuropathie konzentriert sich in der Regel darauf, die zugrunde liegende Ursache zu behandeln und Symptome zu lindern. Dies kann beinhalten:
- Kontrolle des Blutzuckers: Bei diabetischer Neuropathie ist es wichtig, den Blutzuckerspiegel gut zu kontrollieren, um weitere Nervenschäden zu verhindern.
- Medikamente: Verschiedene Medikamente können verwendet werden, um Symptome zu lindern, einschließlich Schmerzmittel, Antidepressiva und Antikonvulsiva (Medikament zur Behandlung von Krampfanfällen).
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, Muskelkraft, Koordination und Mobilität zu verbessern.
- Gesunde Lebensgewohnheiten: Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten können dazu beitragen, die allgemeine Gesundheit der Nerven zu verbessern und Symptome einer Neuropathie zu lindern.
- Invasive Verfahren: In einigen Fällen können invasive Verfahren wie Nervenblöcke oder Implantate für Schmerzpumpen erforderlich sein, um schwere Schmerzen zu lindern.
Jeder, der eine Neuropathie hat oder Symptome einer Neuropathie hat, sollte mit seinem Arzt über die beste Behandlungsstrategie sprechen (Mayo Clinic, 2022).
Zusammenfassung
Die Neuropathie ist eine komplexe Erkrankung, die viele verschiedene Formen annehmen kann und eine Vielzahl von Symptomen verursachen kann. Obwohl die Neuropathie oft schmerzhaft und schwächend sein kann, gibt es viele effektive Behandlungsmöglichkeiten zur Linderung der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität. Wenn Sie glauben, dass Sie an einer Neuropathie leiden könnten, suchen Sie medizinische Hilfe auf.
Referenzen:
Definition of neuropathy – NCI Dictionary of Cancer Terms – NCI. (n.d.). National Cancer Institute. Retrieved July 5, 2023, from https://www.cancer.gov/publications/dictionaries/cancer-terms/def/neuropathy
Diabetes and Nerve Damage | CDC. (n.d.). Centers for Disease Control and Prevention. Retrieved July 5, 2023, from https://www.cdc.gov/diabetes/library/features/diabetes-nerve-damage.html
Diabetic Neuropathy – NIDDK. (n.d.). National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases. Retrieved July 5, 2023, from https://www.niddk.nih.gov/health-information/diabetes/overview/preventing-problems/nerve-damage-diabetic-neuropathies
Dysautonomia: Symptoms, Causes, Types, & How to Live With. (2020, July 10). Cleveland Clinic. Retrieved July 6, 2023, from https://my.clevelandclinic.org/health/diseases/6004-dysautonomia
Peripheral neuropathy – Diagnosis and treatment. (2022, August 11). Mayo Clinic. Retrieved July 5, 2023, from https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/peripheral-neuropathy/diagnosis-treatment/drc-20352067
Peripheral Neuropathy: What It Is, Symptoms & Treatment. (2022, October 14). Cleveland Clinic. Retrieved July 5, 2023, from https://my.clevelandclinic.org/health/diseases/14737-peripheral-neuropathy
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