Immunglobulin G (IgG)
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Immunglobulin G (IgG)

geschrieben von

Anna Roell
29 Mai, 2024

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Immunglobulin G (IgG) ist der häufigste Antikörper des menschlichen Immunsystems, der bei der Abwehr von Infektionen eine zentrale Rolle spielt. Veränderte IgG-Spiegel im Blut können auf verschiedene gesundheitliche Probleme wie Autoimmunerkrankungen, chronische Infektionen und Immunschwäche hinweisen. Dieser Blog bietet einen umfassenden Überblick über die Funktionen von IgG, die damit verbundenen Erkrankungen sowie Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.


Inhaltsübersicht


Was ist Immunglobulin G (IgG)?

Als Antikörper ist das Immunglobulin G (IgG) ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Immunsystems. Antikörper, auch Immunglobuline genannt, sind Proteine, die vom Immunsystem produziert werden, um Fremdstoffe wie Bakterien, Viren und Toxine zu erkennen und zu neutralisieren. IgG ist die häufigste Art von Antikörpern und macht etwa 75-80 % aller Immunglobuline aus. Man findet sie nicht nur im Blut, sondern auch in anderen Körperflüssigkeiten wie der Lymphflüssigkeit. Es gibt mehrere Unterformen von IgG (IgG1, IgG2, IgG3 und IgG4), die jeweils spezialisierte Funktionen im Immunsystem übernehmen (Britannica, 2024).

Funktionen von Immunglobulin G (IgG)

Immunglobulin G (IgG) ist nicht nur der häufigste Antikörper, sondern auch einer der vielseitigsten. Vor allem seine Fähigkeit, verschiedene Krankheitserreger in verschiedenen Teilen des Körpers zu neutralisieren, macht ihn für das Immunsystem unverzichtbar. Die Funktionen von IgG sind im Folgenden aufgeführt.

Immunglobulin G
  • Neutralisierung von Krankheitserregern: IgG kann Viren, Bakterien und Toxine unschädlich machen, indem es an sie bindet und somit ihre Fähigkeit blockiert, Zellen zu infizieren.
  • Langfristige Immunität: IgG ist wichtig für das immunologische Gedächtnis. Das heißt, es hilft dem Körper, sich an frühere Infektionen zu erinnern und schneller zu reagieren, wenn derselbe Krankheitserreger wieder auftaucht. Dies geschieht durch bestimmte Gedächtnis-B-Zellen, die bei erneuter Exposition schnell IgG produzieren.
  • Markierung von Fremdkörpern: IgG markiert Fremdkörper, so dass sie von Fresszellen leichter erkannt und entfernt werden können. Dieser als Opsonisierung bezeichnete Vorgang dient somit als Startsignal für Fresszellen, den markierten Eindringling zu beseitigen.
  • Schutz für Neugeborene: Immunglobulin G (IgG) kann von der Mutter über die Plazenta auf das ungeborene Kind übertragen werden und es vor Infektionen schützen. Dies bietet Neugeborenen in den ersten Lebensmonaten einen wichtigen Schutz. Nach der Geburt beginnt das Kind, eigenes IgG zu produzieren, und die Konzentration steigt allmählich an.
  • Aktivierung von Abwehrproteinen: Immunglobulin G (IgG) aktiviert das Komplementsystem (Ergänzungssystem), eine Gruppe von Proteinen im Blut, die zur Beseitigung von Krankheitserregern beitragen und es ihnen erleichtern, von Fresszellen erkannt zu werden.

Quelle: Angel et al., 2023

Unterschied zwischen IgG und anderen Immunglobulinen

Neben dem Immunglobulin G gibt es weitere Antikörper, die jeweils unterschiedliche Aufgaben im Körper erfüllen. Die Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die Arten von Antikörpern und ihre Funktionen:

AntikörperFunktion
Immunglobulin GAm häufigsten vorkommender Antikörper im Blut und in Gewebeflüssigkeiten. Schützt den Körper vor viralen und bakteriellen Infektionen, indem er Krankheitserreger beseitigt.
Immunglobulin EWichtig für die Bekämpfung von Parasiten und Auslöser von allergischen Reaktionen. Hauptsächlich in der Haut, den Lungen und Schleimhäuten vorhanden.
Immunglobulin DBefindet sich auf der Oberfläche von B-Zellen.  Unterstützt wahrscheinlich – nicht ganz abschließend geklärt- die B-Zellen bei der Reaktion auf Antigene.
Immunglobulin MErste Abwehrreaktion des Körpers gegen Infektionen. Hilft auch bei der Koordination der Immunreaktion.
Immunglobulin ABefindet sich in Speichel, Tränen, Schleim, Muttermilch und Darmflüssigkeit. Schützt vor Krankheitserregern, die durch Nahrung und Luft aufgenommen werden.

Quelle: Cleveland Clinic, 2022

Wann und warum wird ein Immunglobulin Bluttest durchgeführt?

Ein Immunglobulin Bluttest wird durchgeführt, um die Konzentration von Immunglobulin G (IgG), meistens in Kombination mit IgA und IgM, im Blut zu messen und Abweichungen festzustellen, die auf verschiedene gesundheitliche Probleme hinweisen können. Die Normwerte für IgG können je nach Alter, Geschlecht und verwendeter Testmethode variieren, aber im Allgemeinen liegen die Referenzwerte für Erwachsene etwa zwischen 6.0 – 16.0g/L (Gramm pro Liter)(NHS, 2022). Dieser Test wird durch eine einfache Blutprobe durchgeführt und eingesetzt, um:

  • Infektionen zu diagnostizieren
  • Autoimmunerkrankungen zu erkennen
  • Immunschwächen zu identifizieren
  • Den Erfolg von Impfungen zu überprüfen

Was bedeuten positive IgG-Antikörper?

Ein positives IgG-Antikörperergebnis bedeutet, dass nachweisbare Mengen von IgG im Blut vorhanden sind. Diese sind spezifisch gegen einen bestimmten Erreger gerichtet. Dies zeigt, dass der Körper entweder aktuell oder in der Vergangenheit mit diesem Erreger in Kontakt gekommen ist und eine Immunantwort und Immunität gegen den betreffenden Erreger aufgebaut hat (Medline Plus, 2022).

Erkrankungen und Immunglobulin G

Abweichungen im IgG-Spiegel, sei es eine Erhöhung oder eine Verringerung, können auf verschiedene gesundheitliche Schwierigkeiten hindeuten. Diese Übersicht führt einige Erkrankungen, die mit veränderten IgG-Spiegeln assoziiert sind, auf:

Erkrankungen bei erhöhten IgG-Werten

  • Infektiöse Erkrankungen: Bei einer akuten Infektion, wie Grippe, Covid-19 oder einem bakteriellen Infekt, produziert das Immunsystem vermehrt IgG-Antikörper, um die Krankheitserreger zu bekämpfen. Diese Antikörper helfen, die Infektion abzuwehren und bieten danach oft eine gewisse Immunität, sodass die spezifischen IgG-Werte vorübergehend erhöht bleiben können. Langfristig erhöhte IgG-Werte können auf chronische Infektionen hinweisen, wie zum Beispiel bei einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber).
  • Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunkrankheiten produziert das Immunsystem fälschlicherweise IgG-Antikörper, die körpereigene Zellen und Gewebe angreifen. Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) richten sich diese Antikörper gegen verschiedene Organe und Gewebe und verursachen Entzündungen und Schäden. Rheumatoide Arthritis (RA) ist ein weiteres Beispiel, bei dem IgG-Antikörper eine Rolle spielen und die hauptsächlich die Gelenke angreifen.
  • Lebererkrankungen: Bestimmte Lebererkrankungen können zu einem Anstieg des IgG-Spiegels führen, da die Leber beim Abbau von Proteinen und somit auch Antikörpern beteiligt ist. Bei einer Leberzirrhose wird normales Lebergewebe durch Narbengewebe ersetzt, was die Funktion der Leber beeinträchtigt und zu erhöhten IgG-Spiegeln führt, da die geschädigte Leber IgG nicht wirksam abbauen kann.

Erkrankungen bei niedrigen IgG-Werten

Bei niedrigen IgG-Werten spricht man von einem Mangel an IgG, der gekennzeichnet ist durch häufige und schwere Infektionen der Atemwege, des Magen-Darm-Trakts, chronische Infektionen und verzögerte Genesung. Folgende Erkrankungen können zu einem niedrigen IgG-Wert führen:

  • Primäre Immundefizienzen: Hierbei handelt es sich um eine angeborene Krankheiten, die durch eine Fehlfunktion des Immunsystems gekennzeichnet sind und zu einem Mangel an IgG-Antikörpern führen. Ein Beispiel ist die X-chromosomale Agammaglobulinämie, bei der der Körper keine B-Zellen und damit keine IgG-Antikörper produziert, was zu einem erhöhten Risiko für wiederkehrende Infektionen führt.
  • Sekundäre Immundefizienzen: Diese erworbenen Krankheiten beeinträchtigen die Produktion von IgG und schwächen das Immunsystem. HIV/AIDS ist eine Krankheit, die Immunzellen angreift und die Produktion von IgG und anderen Antikörpern verringert, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen führt. Auch die Chemotherapie, eine Behandlung gegen Krebs, kann Immunzellen schädigen und die Produktion von IgG-Antikörpern beeinträchtigen.
  • Verlust von IgG: Bestimmte Krankheiten können zu einem IgG-Verlust im Körper führen. Das nephrotische Syndrom ist eine Nierenerkrankung, bei der große Mengen an Eiweiß, einschließlich IgG, mit dem Urin ausgeschieden werden, sodass der IgG-Spiegel sinkt. Auch schwere Verbrennungen können zu einem erheblichen Verlust von Proteinen und Antikörpern wie IgG durch die verletzte Haut führen. 

Quellen: NHS, 2022; Cleveland Clinic, 2022

Behandlungsmethoden bei IgG-Abweichungen

Medizinische Behandlungsmethoden

Bei erhöhten IgG-Werten kann die Behandlung immunsuppressive Medikamente umfassen, um die vermehrte Immunreaktion unterdrücken. Niedrige IgG-Werte werden häufig durch die Verabreichung von Immunglobulinen behandelt, entweder intravenös, das heißt, die Antikörper werden direkt in eine Vene gespritzt, oder subkutan, das heißt, sie werden unter die Haut injiziert. Diese Immunglobulintherapie erhöht den Antikörperspiegel im Blut und verbessert die Immunfunktion. Beide Ansätze zielen darauf ab, das Immunsystem auszugleichen und die Symptome zu lindern. Diese Therapien sind jedoch oft kostspielig und erfordern in der Regel regelmäßige Behandlungen (msdmanuels, 2023).

Lebensstilbezogene Behandlungsmethoden

Während es nicht direkt möglich ist, die IgG-Spiegel zu erhöhen, kann ein gesunder Lebensstil das Immunsystem insgesamt stärken. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf und effektives Stressmanagement tragen dazu bei, das Immunsystem zu unterstützen und die allgemeine Gesundheit zu fördern.

Zusammenfassung

Immunglobulin G (IgG) ist der häufigste Antikörper des menschlichen Immunsystems und spielt eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von Infektionen. Veränderte IgG-Werte können auf verschiedene Gesundheitsprobleme wie Autoimmunkrankheiten, chronische Infektionen und Immundefekte hinweisen. Immunglobulintests helfen dabei, diese Veränderungen zu diagnostizieren und geeignete Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Behandlung kann sowohl medizinische Ansätze wie die Verabreichung von Immunglobulinen als auch Lebensstilmaßnahmen zur Stärkung des Immunsystems umfassen.

Referenzen

Antibodies: Definition, Types & Function. (n.d.). Cleveland Clinic. Retrieved May 28, 2024, from https://my.clevelandclinic.org/health/body/22971-antibodies

Fernandez, J. (n.d.). Selective Immunoglobulin Deficiency – Immune Disorders – MSD Manual Consumer Version. MSD Manuals. Retrieved May 29, 2024, from https://www.msdmanuals.com/home/immune-disorders/immunodeficiency-disorders/selective-immunoglobulin-deficiency

Immune system | Description, Function, & Facts. (2024, May 11). Britannica. Retrieved May 28, 2024, from https://www.britannica.com/science/immune-system

Immunoglobulins Blood Test. (2022, September 12). MedlinePlus. Retrieved May 28, 2024, from https://medlineplus.gov/lab-tests/immunoglobulins-blood-test/

Immunoglobulin – StatPearls. (n.d.). NCBI. Retrieved May 28, 2024, from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK513460/

Über die Autorin

Anna Roell

Anna ist ausgebildete Krankenschwester und Gesundheitsökonomin mit dem Schwerpunkt Epidemiologie und verbindet ihre medizinischen und wissenschaftlichen Interessen. Ihr Ziel ist es, das Bewusstsein für medizinische Inhalte zu schärfen und diese auf verständliche Weise zu vermitteln. Am meisten schätzt sie am Leben in Amsterdam die aufgeschlossene, aktive Einstellung der Menschen, die Märkte und die großartige Natur in der Umgebung.